Wohin Neid und Aberglaube führten - die fünfte Ausstellung aus der Tanner Reihe „Geschichte erleben“ befasst sich mit dem Hexenwahn der frühen Neuzeit.
Auch in Tann war der Glaube an Hexen einst gang und gäbe. Dies zeigen Sagen wie die vom Tanner Musikanten, der laut Überlieferung in der Walpurgisnacht an der Breiten Linde auf der Klingser Hut unwissentlich zum Hexensabbat aufspielte. Dennoch blieb das Territorium der Herren von der Tann von Hexenverfolgungen verschont – während im Hochstift Fulda zwischen den Jahren 1603 und 1606 insgesamt ca. 270 Menschen auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurden. Europaweit schätzt man die Zahl der Opfer des Hexenwahns auf 60.000.
Indem sich die Stadt Tann mit der im Juli beginnenden Präsentation „gejagt – gepeinigt – verbrannt“ diesem düsteren Kapitel abendländischer Geschichte zuwendet, knüpft sie an vorangegangene Ausstellungen zu historischen Themen an. Diese befassten sich unter anderem mit der Reformation oder Adel und Ritter der Rhön – wobei nun Martin Luthers Ansicht über Hexen und auch die relative Unabhängigkeit der Rittergeschlechter vom Fuldaer Fürstabt erneut aufgegriffen werden.
Ausgestellte original Hexenverhörprotokolle verdeutlichen, dass es sich bei den Prozessen um moderne, weltliche Gerichtsverfahren mit festgelegter Vorgehensweise handelte. Dem Fuldaer Hexenrichter Balthasar Nuß wurden der Verstoß dagegen und seine Willkür zum eigenen Verhängnis. Mit dessen unheilvollen Wirken haben sich der Historiker Dr. Berthold Jäger und Ingrid Möller-Münch vom Frauenzentrum Fulda auseinandergesetzt.
Über die regionalen Einzelschicksale hinaus erfahren Interessierte etwas über die Entwicklung der Hexenverfolgung im europäischen Raum, etwa anhand einer Terra-X-Dokumentation des ZDF, an der Dr. Kai Lehmann, Direktor des Museums Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden, mitgewirkt hatte.
Ein nachgebauter Scheiterhaufen, Kerker, Verhörzimmer und Folterinstrumente oder die Kopie des Veringenstädter Hexenhemdes veranschaulichen die Grausamkeit der Epoche. Teilweise – wie bei der „Eisernen Jungfrau“ – handelt es sich um schulische Projektarbeiten. Auch der Künstler und Lehrer Burkhard Suchy-Amlung trägt mit packenden Werken zur Erlebbarkeit bei.
Die Ausstellung basiert auf dem Konzept des pensionierten Pfarrers Hartmut Hegeler aus Unna (Nordrhein-Westfalen), der sich seit 20 Jahren deutschlandweit für eine Aufarbeitung der Hexenprozesse und eine Rehabilitierung der Verurteilten engagiert. So verharrt sie nicht im Entsetzen über das Geschehene, sondern geht auch auf die (wenigen) Gegner ein, die sich mutig gegen den Zeitgeist stellten. Am Ende sollte jedem bewusst werden, wohin Neid, Ausgrenzung und üble Nachrede in Verbindung mit Aberglauben führen können.
(Bild Plakat: Suchy-Amlung)